Dass das John McCain noch erleben durfte. Seit Wochen tingelt der Präsidentschafts-Kandidat der Republikaner durch das Land, von Town Hall zu Town Hall und hofft dabei immer auf ein paar Hundert, vielleicht Tausend Zuhörer. Seit er Sarah Palin zur Vize-Kandidatin gemacht hat, ist das anders. Zumindst vorerst. Alle wollen die 44-jährige Ex-Schönheits-Königin und aktuelle Gouverneurin von Alaska sehen. Der Palin Effekt zog auch am Wochenende etwa Zehntausend Zuschauer an den Flughafen von Colorado Springs. Wäre John McCain allein gekommen, hätte der 72-Jährige die Fotografen wegen fehlendem Motiv vermutlich erst gar nicht mitgebracht.
Flaggenmeer: Colorado Springs im Sarah Palin Rausch
Amerika hat seinen neuen Superstar. Barack Obama war gestern, Sarah Palin heute. Zumindest glauben könnte man das zurzeit. Dabei scheinen die kleinen Fehler der Sarah Palin vergessen: Nur zur Erinnerung: Gegen sie läuft ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs / Sie ist erst seit 21 Monaten Gouverneurin / Sie hat keine Erfahrung in Sicherheits- und Außenpolitik - sie hat erst seit 2007 einen Reisepass / Ihr angeblichers Großprojekt einer neuen Gas-Pipeline in Alaska wird frühestens - wenn überhaupt - 2018 gebaut werden / Sie hat sich nach eigenen Angaben nie so richtig für den Irak-Krieg interessiert. Und auch das sollte niemand vergessen: Sie will die biblische Entstehungsgeschichte in der Schule mit der Evolutions-Theorie lehren lassen / Sie ist gegen das Recht auf Abtreibung, selbst im Falle von Vergewaltigung und Inszest / Sie ist auf Lebenszeit Mitglied der Waffenlobby NRA / Sie ist gegen Sexualkunde in der Schule / Sie hält Abstinenz für die beste Verhütungmethode / Ihre minderjährige Tocher Bristol (17) ist im fünften Monat schwanger / Ihr Mann Todd wurde vor 22 Jahren wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet.
All diese Leichen, die ansonsten einen möglichen Vize-Präsidenten "politisch killen" würden, zählen im Moment offenbar nicht. Im Gegenteil: Wer nur die Fakten aufschreibt, bekommt Protestbriefe, verliert Abonnenten oder Zuschauer. Zuletzt erwischte es US Weekly. Das US-Klatsch-Magazin ist nicht bekannt für investigativen Journalismus. Entsprechend war ihre Titelgeschichte: "Babies, Lies & Scandal" auch nur eine einfache Zusammenschreibe längst bekannter Fakten. Ärger gab es dennoch: Bis zu 10.000 Abonennten sollen das Blatt abbestellt haben. Man könnte glauben: Im Wahlkampf interessiert sich Amerika nicht mehr für Tatsachen.
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